18-Jährige sieht Rechte verletzt
Allgemeine Zeitung zur Verfassungsbeschwerde
18-Jährige sieht Rechte verletzt
Klage gegen neues Schulgesetz / Eltern-Info auch gegen Willen der Schüler?
Vom 20.01.2004
MAINZ Die Speyrer Schülerin Stephanie Mayfield hat gestern gegen das neue Schulgesetz Beschwerde beim rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshof eingelegt. Damit will sie verhindern, dass Schulen künftig auch Eltern erwachsener Schüler informieren dürfen, wenn etwa Versetzung oder Abschluss gefährdet sind.
Von Eva Fauth
Es war ihr 18.Geburtstag - und Stephanie Mayfield wollte keinen Tag länger warten, immerhin soll das neue Schulgesetz ab Sommer 2004 gelten. Und so schickte die ehemalige Landesschülersprecherin noch gestern die Verfassungsbeschwerde nach Koblenz. Die Richter müssen nun entscheiden, ob die Klage zugelassen wird. Bislang, so argumentiert die Gymnasiastin, konnten Schüler ab 18 widersprechen, wenn ihre Eltern über Schulprobleme wie etwa einen drohenden Verweis oder Versetzungsgefahr unterrichtet werden sollten. Mit dem neuen Schulgesetz geht das nicht mehr: "Das verstößt klar gegen das Selbstbestimmungsrecht der Schüler", betont Mayfield, die dem Vorstand der Landesschülervertretung (LSV) angehört. "Ohne Vertrauen kann solchen Schülern nicht geholfen werden. Es besteht eher die Gefahr, dass die Eltern den Druck auf sie dann erhöhen."
Nicht Stephanie Mayfield alleine denkt, dass Paragraf 1c, der als Reaktion auf den Amoklauf von Erfurt ins Schulgesetz aufgenommen wurde, "unzumutbar" und "politischer Aktionismus" ist. Das zeigt die Liste derer, die sich zu einem Aktionsbündnis zusammen getan haben und die Klage unterstützen - inhaltlich wie finanziell. Die Junge Union (JU) gehört diesem Bündnis genauso an wie die Jusos, die Grüne Jugend, die Jungen Demokraten/Junge Linke, die DGB Jugend und die PDS. Angeschlossen haben sich auch LSV sowie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Wie SPD und FDP sprach sich auch die CDU im Februar 2003 für das neue Schulgesetz aus. Andreas Kerz von der Jungen Union ist anderer Meinung: "Es gibt kein Erwachsensein light. Das ist ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der volljährigen Schüler." Andrea Papendick (Junge Demokraten) kritisiert: Die Rechte aller über 18 Jahre alten Schüler würden "beschnitten", um einen Fall wie den Amoklauf in Erfurt zu verhindern: "Das ist nicht angemessen."
Dieses Argument findet sich auch in der von Rechtsanwalt Eberhard Kunz formulieren Klageschrift: "Wegen eines Einzelfalls eine gesetzliche Regelung einzuführen (...), sprengt die Grenzen zulässiger Gesetzgebung." Und weiter: "Niemand käme auf die Idee, das Fliegen mit dem Flugzeug zu verbieten, weil manchmal Flugzeugkatastrophen vorkommen."
Mit Bildern von Erfurt vor Augen, mag das makaber klingen. "Soll es aber nicht", sagen alle. Stephanie Mayfield bringt es so auf den Punkt: "Kommunikation statt Zwangsinformation." Wichtiger sei es, den schulpsychologischen Dienst auszubauen, auf Schulsozialarbeit zu setzen. Ob ein Anruf der Schule bei den Eltern des Erfurter Schülers den Amoklauf verhindert hätte, das sei zu bezweifeln.
(Weitere Berichte von der Pressekonferenz am 19.01. fanden sich in den Printmedien der Rhein-Zeitung, der Rheinpfalz und der Pirmasenser Zeitung)