Friedensgruppen fordern Ende der Bundeswehr-Kooperation mit Schulen

Bericht von der Pressekonferenz des landesweiten Bündnisses am 2. Februar in Mainz

Mainz (epd). Rheinland-pfälzische Friedensinitiativen, Gewerkschafter und die LandesschülerInnenvertretung (LSV) haben die Landesregierung aufgefordert, ein Abkommen zwischen dem Bildungsministerium und der Bundeswehr über die Zusammenarbeit an Schulen wieder aufzukündigen. "Wir möchten diese Kooperation nicht", sagte Klaus-Peter Hammer, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), am Mittwoch in Mainz. Nach Ansicht der Friedensgruppen verstoßen die Veranstaltungen mit den Jugendoffizieren der Bundeswehr gegen die Grundsätze der politischen Bildung. In der Praxis werde die Grenze zwischen Information und Werbung immer wieder überschritten.

Themen, die in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden, müssten auch im Schulunterricht kontrovers dargestellt werden, sagte Markus Pflüger von der "Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier". Bei den Besuchen von Bundeswehroffizieren in Schulen sei dies nicht möglich. Friedens- oder Entwicklungshilfe-Initiativen hätten weder personelle noch finanzielle Möglichkeiten, um ein flächendeckendes alternatives Veranstaltungsangebot an Schulen zu bieten. Entsprechende Einladungen der Landesregierung zu einem Ausbau der Kooperation auch mit ihren Organisationen seien mit den überwiegend ehrenamtlich Aktiven nicht zu leisten.

Auf massive Vorbehalte stößt bei den Bundeswehr-Kritikern zudem die vorgesehene Beteiligung der Jugendoffiziere an Aus- und Weiterbildung von Lehrern und Referendaren. Mit einer Öffentlichkeitskampagne solle in den kommenden Monaten unter dem Motto "Schulfrei für die die Bundeswehr" unter anderem mit Straßenständen, Vorträgen und einer Multimedia-Ausstellung auf die Kooperation von Schulen und Bundeswehr aufmerksam machen. Unterstützt wird die Kampagne von den rheinland-pfälzischen Grünen. "Die Schule soll kein Ort für militärische Rekrutierungsversuche sein", sagte Landesvorstandssprecher Daniel Köbler.

Das Mainzer Bildungsministerium wies Vorwürfe zurück, bei den Besuchen der Jugendoffiziere werde für militärischen Nachwuchs geworben. Aufgabe der Offiziere sei es, "sicherheitspolitische Aufklärung zu leisten", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Der Einsatz von Wehrdienstberatern sei durch die Vereinbarung nicht abgedeckt.

Die 2011 unterzeichnete Vereinbarung mit der Bundeswehr hat nach Angaben des Ministeriums nicht zu einer stärkeren Präsenz von Jugendoffizieren an den Schulen geführt. Das von Jugendoffizieren geleitete Simulationsspiel "POL&IS" werde im Unterricht nicht häufiger nachgefragt als zuvor. Auf den Wunsch von Friedensdiensten und Initiativen hin werde aber derzeit an einem eigenen Kooperationsabkommen gearbeitet.

Mittlerweile haben acht der 16 Bundesländer, darunter auch das Saarland, vergleichbare Rahmenvereinbarungen über die Zusammenarbeit von Bundeswehr und Schulen getroffen. Nach Angaben des Kinderhilfswerks terre des hommes erreichten die Bundeswehrangebote im Jahr 2009 bundesweit etwa 700.000 Schüler.

http://www.epd.de/rheinland_pfalz_saarland/rheinland_pfalz_saarland_index_84556.html

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Soldaten als Lehrer unerwünscht

Friedensgruppen aus Rheinland-Pfalz machen vor der Landtagswahl Druck, die Zusammenarbeit von Schulen und Bundeswehr zu beenden.

Von Michael Schulze von Glaßer 09.02.2011 / Außer Parlamentarisches

Vor einem Jahr unterzeichneten eine Vertreterin des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums und ein Generalmajor der Bundeswehr eine Vereinbarung, künftig stärker zu kooperieren. Man wolle in den Schulen »gemeinsam einen Beitrag leisten, um sicherheitspolitische Aufklärung und Information zu ermöglichen«, heißt es in dem Papier. Dabei müsse über »globale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung« genauso wie über das »nationale Interesse« Deutschlands aufgeklärt werden, »um Schülerinnen und Schülern, Referendarinnen und Referendaren sowie Lehrerinnen und Lehrern die Position der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Sicherheitspolitik zu vermitteln«. Mit der Kooperationsvereinbarung wird sogenannten Jugendoffizieren – jungen, rhetorisch geschulten Soldaten – der Gang in die Klassenzimmer erleichtert. Zwar hielten die Soldaten schon vor Abschluss der Vereinbarung Schulvorträge über den Sinn und Zweck der Bundeswehr, mit der Vertragsunterzeichnung wurde dies aber institutionalisiert und somit vereinfacht. Zudem wird die Bundeswehr durch die Kooperation zunehmend in die Aus- und Fortbildung von Referendaren und Lehrkräften eingebunden.

Nun haben die Friedensbewegten eine Kampagne mit dem Titel »Schulfrei für die Bundeswehr« gestartet. Schon kurz nach der Unterzeichnung hatten rheinland-pfälzische Friedensgruppen hunderte Unterschriften für die Aufkündigung der Kooperation gesammelt. Doch nichts geschah. Mit der Kampagne wollen sie nun vor der Landtagswahl am 27. März versuchen, Einfluss auf Wähler und Politiker zu nehmen.

»Wir wollen über den zunehmenden Werbefeldzug der Bundeswehr aufklären und Schüler, Eltern und Lehrer dazu ermutigen, sich für eine Schule ohne Bundeswehr einzusetzen«, erläutert Markus Pflüger von der Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier. Die an der Kampagne beteiligten sechzehn Friedensinitiativen, kirchlichen und politischen Organisationen sowie Lehrer- und Schülervertretungen wollen mit Straßenständen, Vorträgen, Podiumsdiskussionen und einer Multimedia-Ausstellung über die Kooperation von Schulen und der Bundeswehr aufklären. Sie werfen der Bundeswehr vor, in den Schulen einseitig zu informieren und so Nachwuchs zu rekrutieren. »Schülerinnen und Schüler werden meist nicht gefragt, bevor die Bundeswehr kommt, und bei den Bundeswehrveranstaltungen herrscht Anwesenheitspflicht«, erklärt Patrick Simon von der LandesschülerInnenvertretung Rheinland-Pfalz. Das sei nicht akzeptabel.

Grüne und Linke haben sich gegen die Kooperationsvereinbarung ausgesprochen. Die in Rheinland-Pfalz allein regierende SPD, die die Kooperationsvereinbarung geschlossen hat, äußerte sich bisher nicht zur Kritik an der Militarisierung der Schulen.

In acht der sechzehn deutschen Bundesländer gibt es mittlerweile Kooperationsvereinbarungen zwischen der Bundeswehr und dem jeweiligen Schulministerium. Der Widerstand dagegen nimmt zu. Auch in anderen Bundesländern wie etwa Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg laufen Kampagnen von Friedensgruppen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/190502.soldaten-als-lehrer-unerwuenscht.html