Offener Brief der LSV RLP zur Änderung der Landesverfassung an die rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten
Liebe Abgeordnete des Landtags Rheinland-Pfalz,
bereits im Zuge der Novellierung des Schulgesetzes haben wir darauf hingewiesen, dass der Begriff „Rasse“ unserer Meinung nach in Gesetzestexten nichts zu suchen hat. Menschen in Rassen zu unterteilen entspricht nicht dem Bild einer Gesellschaft, die vom Miteinander und von Solidarität geprägt ist. Daher finden wir es ausdrücklich gut, dass es nun Bestrebungen gibt, diesen Begriff auch aus der Landesverfassung zu streichen.
Doch dieser eine Begriff ist nicht die einzige Stelle, an der sichtbar wird, dass es sich um einen Text aus dem Jahr 1947 handelt. Wir möchten Sie daher auffordern, die Debatte über eine Verfassungsänderung zu erweitern und ebenfalls die nachfolgenden Punkte in Betracht zu ziehen. So können Sie aus einem verstaubten Gesetzestext eine zeitgerechte Verfassung für das 21. Jahrhundert schaffen.
„Die Schule hat die Jugend zur Gottesfurcht und Nächstenliebe, Achtung und Duldsamkeit, Rechtlichkeit und Wahrhaftigkeit, zur Liebe zu Volk und Heimat, zum Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt, zu sittlicher Haltung und beruflicher Tüchtigkeit und in freier, demokratischer Gesinnung im Geiste der Völkerversöhnung zu erziehen.”
Nicht nur aus sprachlicher Sicht erscheint das veraltet, sondern auch aus inhaltlicher. Eine Erziehung zu „Gottesfurcht“, „Achtung und Duldsamkeit“ und „berufliche[r] Tüchtigkeit“ steht im Widerspruch zu den aktuellen Werten unserer Gesellschaft, nämlich religiöser Freiheit, Erziehung zur Mündigkeit und zur beruflichen Selbstbestimmung.
Auch die Festlegung aller Schulen in Rheinland-Pfalz als christliche Gemeinschaftsschulen (vgl. Art. 29) ist fern der Lebenswirklichkeit der meisten Schüler*innen. Hier ist stattdessen eine Einstufung als „bekenntnisfreie Schulen“ notwendig. Mehr Details können Sie unseren Pressemitteilungen vom 07.10. sowie 14.11.2019 entnehmen.
Schlussendlich sollten Sie der Jugend - die in der gegenwärtigen Zeit wohl so politisch wie seit langem nicht mehr ist - eingestehen, dass auch sie in dem Land, in dem sie groß wird, aktiv mitbestimmen kann, wer sie im Landtag vertritt und wer ihre Ministerien besetzt. Daher möchten wir Sie alle, besonders aber die Abgeordneten der CDU-Fraktion, noch einmal dazu ermutigen, sich auf den Weg der Demokratisierung zu begeben und einer Senkung des Wahlalters nicht entgegenzustehen.
Nehmen Sie die Streichung des Begriffs „Rasse“ nun als Anlass, um der Landesverfassung den neuen Glanz zu verleihen, den sie verdient.
Mit allerbesten Grüßen
Die Landesschüler*innenvertretung RLP